Die Bischöfe von Passau als Lehnsherren im Tullnerfeld

Im Heiligen Römischen Reich standen Herzöge und Bischöfe im Rang von Fürsten. Das Herrschaftsgebiet der Herzöge war meist ein geschlossenes Territorium (z. B. das Herzogtum Bayern). Der Besitz der Bischöfe konnte verstreut über weite Landstriche liegen.

Als die Ungarn durch Otto I. 955 n. Chr. endgültig besiegt worden waren, ordnete der deutsche Kaiser die Machtverhältnisse entlang der Donau neu. Das Tullnerfeld, das damals zum Herzogtum Bayern gehörte, bildete die östliche Grenze zu Ungarn, und wurde durch einen Markgrafen im Osten (Österreich) gesichert. Die Bischöfe von Passau sollten mit Lehnsbauern im Tullnerfeld den Landesausbau bewerkstelligen. Zentrum dieser bischöflichen Aufgabe und Macht war Zeiselmauer. Dort begann der Wiederaufbau nach dem Ungarnsturm. In Königstetten unterstanden drei Viertel der Lehnsbauern dem Bischof von Passau, nur 26 Bauern hatten einen weltlichen Herrn. Auch die Klöster Göttweig, Schlägl, Herzogenburg, St. Pölten und St. Florian beteiligten sich in Königstetten am Neuaufbau und der Verteidigung gegen die Ungarn.

Als Rudolf von Habsburg zum deutschen Kaiser gewählt wurde, unterstützte ihn der Bischof von Passau gegen Ottokar Przemysl. Der neue deutsche Kaiser konnte sich durchsetzen und entlohnte seine Anhänger reichlich. Der Bischof erhielt die Blutsgerichtbarkeit im Tullnerfeld ohne die Stadt Tulln. Zeiselmauer blieb vorerst der Sitz dieser neuen Aufgabe.

Im 15. Jahrhundert gab es große Donauüberschwemmungen, und die Bischöfe von Passau entschlossen sich, ihren Hauptsitz von Zeiselmauer in das überschwemmungssichere Königstetten zu verlegen. Es wurde ein Rentamt errichtet und die Bischöfe demonstrierten mit einem großen Kirchenneubau ihren Willen, Königstetten auf Dauer zu ihrem Machtzentrum im Tullnerfeld zu machen. Erst nach den Glaubenskriegen am Beginn des Dreißigjährigen Krieges konnte die Gemeinde zu­sammen mit dem bischöflichen Kirchenpatron den Kirchturm errichten.

Im Zuge der Türkenbelagerung 1683 brannten alle Häuser einschließlich der Kirche ab. Der Bischof von Passau musste mit steuerlichen Freijahren den Bürgern von Königstetten beim Wiederaufbau unter die Arme greifen und geriet dadurch selbst an den Rand seiner finanziellen Möglichkeiten. Die Kirche wurde mit einem neuen Dach versehen, ein Altar und eine Kanzel angeschafft. Die Kanzel ist noch heute eines der Schmuckstücke unseres Gotteshauses.

Josef II. hat im Zuge seiner Kirchenpolitik gegen den Widerstand des Papstes neue Diözesen errichtet. Für Königstetten war ab nun der Bischof von St. Pölten zuständig, Kirchenpatron blieb aber vorerst noch der Bischof von Passau. Erst 1803 verloren die Bischöfe auf Druck Napoleons ihre weltliche Macht, das Rentamt Königstetten ging in weltlichen Besitz über. Seit mehr als 500 Jahren waren die Geschicke unserer Pfarrer, der Kirche und des Ortes engstens mit der Geschichte des Hochstiftes Passau verbunden gewesen – diese lange Verbindung hatte nun ihr jähes Ende gefunden.

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